Da war doch was: Sehen ohne hinzusehen

Oder: Wie man einen Detektor detektiert, ohne selbst detektiert zu werden.

Da meine letzten beiden Einträge ziemlich abstrakt waren, dachte ich mir, ich beschäftige mich jetzt einmal mit einem wunderschönen, also abstrusen, Quanteneffekt: Mit der wechselwirkungsfreien Messung. Das bedeutet so viel wie: etwas zu beobachten, ohne jemals hinzusehen!

Bild: Universität Wien, Medienportal

Bild: Universität Wien, Medienportal

Vor kurzem erst wurde in der internationalen Presse von einem tollen Experiment berichtet, in dem es um eine Art wechselwirkungsfreie Messung ging. Es ging um den Artikel „Quantum Imaging with Undetected Photons„, der nicht allzu schwer zu verstehen ist – wenn man denn ein bisschen mit Quantezuständen rechnen kann. Der zugehörige experimentelle Aufbau sah übrigens so aus:

Quelle: Universität Wien, Medienportal

Quelle: Universität Wien, Medienportal

Fürs Erste wollen wir uns aber heute mit dem leichter zu verstehenden Mach-Zehnder-Interferometer aus quantenphysikalischer Sicht beschäftigen. Da wir schon genug über den Formalismus der Quantenzustände wissen, können wir die zentralen Ergebnisse sogar nachrechnen, und wahrscheinlich kann auch die eine oder der andere das oben verlinkte Paper von Zeilinger und co. bereits in Grundzügen nachvollziehen.


Das wichtigste zuerst: Was ist ein Mach-Zehnder-Interferometer? Im Prinzip ein Gerät, in das man Licht hineinschickt, das dann später aus einem von zwei Ausgängen wieder herauskommt.

Vielleicht könnt ihr euch ja noch an die seltsame Geschichte mit den sich auslöschenden Wellen erinnern: Genau dieser Effekt (destruktive Interferenz) tritt hier, wie auch im vielleicht besser bekannten Doppelspaltexperiment, auf. In diesem Fall bewirkt die Interferenz allerdings nur, dass das Licht im Normalfall immer aus einem der zwei Ausgänge unseres Geräts herauskommt, nie aus dem anderen.

Mit unserem mathematischen Formalismus über Quantenzustände können wir das sogar schon nachrechnen – allerdings gibt es dafür ein paar Dinge im Experiment, die wir beschreiben sollten. Dafür erst einmal der schematische Aufbau des Mach-Zehnder-Interferometers, links unten kann man mit dem „Lesen“ anfangen:

Mach-Zehnder-Interferometer001

Wir schicken aus einer „monochromatischen“, also einfarbigen Lichtquelle, einzelne Lichtteilchen in das Gerät. Die Wege, die diese Quanten zurücklegen, sind im Diagramm rot eingezeichnet.

Im Gerät selbst finden sich vier Spiegel, wobei zwei davon halbdurchlässig sind: Das heißt, dass die Hälfte des Lichts reflektiert wird und die andere Hälfte des Lichts einfach durch den Spiegel durchgeht. Für ein einzelnes Lichtteilchen heißt das: Es geht den einen Weg und den anderen, aber wenn man währenddessen hinschaut, sieht man es nur in einem: Eine Superposition!

Wenn wir also einen Lichtstrahl hineinschicken, wird dieser am ersten Spiegel (ein halbdurchlässiger) „zur Hälfte“ nach oben reflektiert, die andere Hälfte geht einfach ungestört den unteren Weg weiter zu Spiegel Nr. 3. Spiegel Nr. 3 und 4 dienen nur dazu, den Weg der beiden Lichtstrahlen so zu ändern, dass sie sich am Ende – bei Spiegel Nr. 4 – wieder treffen. Hier findet dann auch die Interferenz statt: Der Lichtstrahl, der den oberen Weg nimmt und der Lichtstrahl, der den unteren Weg nimmt, interferieren, und zwar so, dass es am Ausgang Nr. 2, wo einer der Detektoren (Detektor Nr. 2) liegt, immer dunkel ist.

Dieses Gerät selbst wurde in einer Zeit erfunden, als man noch nicht wusste, dass sich Licht durch Quantenteilchen beschreiben lässt. Man hat damals zur Modellierung dieser Situation einfach angenommen, dass Licht eine Welle ist – und Wellen können sich ohne Probleme in zwei Teilwellen aufsplitten und miteinander interferieren. Um dasselbe Phänomen mit Teilchen zu beschreiben, musste man allerdings erst verstehen, wie sich mit Quantenteilchen rechnen lässt!

Wir wollen also im Folgenden ein einzelnes Lichtteilchen (ein Photon) auf seinem Weg durch diese Apparatur verfolgen – und die Zustände, die es während des Flugs einnimmt, in unserem Dirac-Formalismus aufschreiben. Wir können während dem Rechnen zunächst einmal auf die Normierungsbedingung (Quantenzustände sollten ja eine Länge von „Eins“ haben) verzichten, das macht das Rechnen leichter. Das einzige, was wir weiter wissen müssen, ist, dass der Quantenzustand eines Photons, dass von einem Spiegel reflektiert wird, mit der imaginären Zahl „i“, der Wurzel aus -1, multipliziert wird. Keine Sorge, wir müssen von komplexen Zahlen hier nicht viel mehr wissen, als das:

i * i = i^2 = -1


Unser Quantenteilchen befindet sich am Anfang in einem Zustand, den wir einfach nur „A“ – für Anfang – nennen wollen. In der Grafik ist der Zustand unseres Teilchens mit einem grünen Stern eingezeichnet. Formal aufgeschrieben als ket nennen wir unseren Zustand:

| A \rangle

Wenn das Quantum auf den ersten Spiegel trifft, dann würden wir klassisch erwarten, dass es entweder den oberen Weg oder den unteren Weg nimmt, dass sein Zustand sich von „A“ entweder zu | O \rangle („O“ für oberer Weg) oder zu | U \rangle („U“ für unterer Weg) entwickeln wird. Da wir das Teilchen aber, während es durch das Gerät durchfliegt, nicht beobachten, können wir diese beiden Zustände aber gar nicht voneinander unterscheiden! Sie sind gleichwertig – und immer, wenn das der Fall ist, ist das für uns ein guter Hinweis darauf, dass wir eigentlich nur einen einzigen Zustand haben, der eine Superposition aus jenen Zuständen ist, die wir theoretisch unterscheiden könnten. Zur Erinnerung: Superposition bedeutet einfach, dass wir Zustände addieren. Das einzige, was wir hier beachten müssen: Wenn das Photon vom Spiegel reflektiert, also auf dem Weg nach oben geschickt wird, müssen wir diesen (Teil-)Zustand mit der imaginären Einheit „i“ multiplizieren.

Der Anfangszustand „A“ entwickelt sich also weiter zu:

|A\rangle \longrightarrow i|O\rangle + |U\rangle

Mach-Zehnder-Interferometer003

Unser Teilchen befindet sich also in diesem Superpositionszustand. In der Grafik ist er zwar als blauer Stern eingezeichnet, in Wirklichkeit befindet sich das Teilchen aber weder im oberen Weg noch im unteren Weg noch in beiden, sondern eben: In einer Superposition zwischen Oben und Unten!

Als nächstes Treffen beide „Teile“ unseres Superpositionszustands jeweils auf einen Spiegel, der sie mit der imaginären Einheit multipliziert – Diesmal sind aber beide Wege, O und U, davon betroffen.

Wir schreiben unsere Geschichte also einfach weiter:

|A\rangle \longrightarrow i|O\rangle + |U\rangle \longrightarrow i * \left(i|O\rangle + |U\rangle\right)

Das können wir jetzt ausmultiplizieren:

i*\left(i|O\rangle + |U\rangle\right) = i^2|O\rangle + i|U\rangle = i|U\rangle - |O\rangle

Denn i² ist ja -1!

Die Geschichte bis jetzt sieht also so aus:

|A\rangle \longrightarrow i|O\rangle + |U\rangle \longrightarrow i|U\rangle - |O\rangle

Und das passende Bild dazu:

Mach-Zehnder-Interferometer004

Wie oben gilt auch hier: Unser Teilchen befindet sich weder beim einen blauen Stern noch beim anderen noch bei beiden gleichzeitig, sondern: Es ist in einer Superposition aus beidem. Für uns heißt das nichts weiter, als dass wir keinen Unterschied zwischen den beiden Wegen machen!

Was wir hier eigentlich gemacht haben: Wir haben uns die beiden Zustände, O und U jeweils einzeln angesehen und uns gefragt, was aus ihnen – unabhängig voneinander – jeweils im nächsten Schritt passiert. Was also passiert wäre, wenn wir jeweils ein Teilchen direkt in diesen Zustand in unser Gerät geworfen hätten. Und in diesem Fall wurden eben der Zustand O am Spiegel Nr. 2 reflektiert (also mit i multipliziert) und der Zustand U an Spiegel Nr. 3.

Dasselbe machen wir jetzt noch einmal für den nächsten, den letzten Schritt, den vierten Spiegel: Dort kommen beide Teile der Superposition ja wieder zusammen! Dieser Spiegel ist allerdings wieder ein halbdurchlässiger – also entwickeln sich beide (Teil-)Zustände, die beiden blauen Sterne aus dem letzten Bild, jeweils unabhängig voneinander, wieder zu einer Superposition (analog zur Situation beim ersten Spiegel).

Also gut, schauen wir, was mit einem Photon, das den oberen Weg (O) genommen hat, am vierten Spiegel passieren wird:

|O\rangle \longrightarrow |D_1\rangle + i|D_2\rangle

An einem halbdurchlässigen Spiegel wird das Photon durchgelassen und landet im Detektor D1 plus es wird reflektiert und landet im Detektor D2 – also eine Superposition. Der Teil, der reflektiert wird und zum Detektor D2 gelangt, muss natürlich mit der imaginären Einheit multipliziert werden, der andere nicht.

Für ein Photon, dass vom unteren Weg (U) kommt, sieht die Sache fast gleich aus: Dieses Photon muss allerdings reflektiert werden, um zum Detektor D1 zu gelangen!

|U\rangle \longrightarrow i|D_1\rangle + |D_2\rangle

Wir können also die Geschichte unseres Anfangsphotons zu Ende schreiben, in dem wir einfach, überall wo der Zustand U vorkam, das hinschreiben, was aus dem Zustand U jetzt am Ende geworden, und überall, wo der Zustand O vorkam, das hinschreiben, was daraus geworden ist!

|A\rangle \longrightarrow i|O\rangle + |U\rangle \longrightarrow i|U\rangle - |O\rangle \longrightarrow i\left(i|D_1\rangle + |D_2\rangle\right) - \left(|D_1\rangle + i|D_2\rangle\right)

Hier können wir wieder ausmultiplizieren, die Klammern auflösen, ein bisschen umsortieren und erhalten:

i\left(i|D_1\rangle + |D_2\rangle\right) - \left(|D_1\rangle + i|D_2\rangle\right) = i^2|D_1\rangle + i|D_2\rangle - |D_1\rangle - i|D_2\rangle =
= i|D_2\rangle - i|D_2\rangle - |D_1\rangle - |D_1\rangle = -2 |D_1\rangle

Die Geschichte unseres Photons, vom Anfang bis zum Ende, ist also:

|A\rangle \longrightarrow i|O\rangle + |U\rangle \longrightarrow i|U\rangle - |O\rangle \longrightarrow -2 |D_1\rangle

Der Endzustand unseres Photons ist keine Superposition mehr: Es ist am Ende immer, und zwar mit einer Wahrscheinlichkeit von 100%, am Detektor Nr. 1! Die (-2) im Ergebnis stammt nur daher, dass wir ja nicht mit normierten Zuständen gerechnet haben – wir können die Normierung noch, für jeden Zwischenschritt nachholen, die Geschichte sieht dann so aus:

|A\rangle \longrightarrow \frac{i}{\sqrt{2}}|O\rangle + \frac{1}{\sqrt{2}}|U\rangle \longrightarrow \frac{i}{\sqrt{2}}|U\rangle - \frac{1}{\sqrt{2}}|O\rangle \longrightarrow -|D_1\rangle

Und als Bild sind wir jetzt hier:

Mach-Zehnder-Interferometer005

Das erstaunliche Resultat ist also: Obwohl jeder halbreflektierende Spiegel eigentlich ja jedes zweite Photon reflektieren bzw. durchlassen sollte (wenn wir klassisch-intuitiv denken), passiert gerade das beim Spiegel Nr. 4 nicht! Alle Photonen, die den oberen Weg genommen haben und bei Spiegel Nr. 4 ankommen, werden durchgelassen: Keines wird reflektiert. Die Photonen aber, die den unteren Weg genommen haben, werden alle reflektiert – keines wird durchgelassen! Insgesamt wird zwar jedes zweite Photon durchgelassen bzw. reflektiert, aber offenbar hängt es vom Weg ab, den es nimmt, aber nur, wenn wir nicht hinschauen.

Was wir hier getan haben, war, einen Quantenzustand „zu entwickeln“. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein offizielles Wort ist, und es ist ganz sicher nicht dasselbe wie zu Fragen, wie sich ein Quantenzustand durch das Verstreichen von Zeit verändert. Aber eigentlich haben wir nur eine einzige Sache getan: Wir haben definiert, welche unterscheidbaren Zustände es gibt – also was wir durch Beobachtung voneinander unterscheiden können. Das waren unsere zwei Detektoren-Zustände. Diese beiden Zustände sind die Eigenzustände unseres Systems. Und dann haben wir nichts anderes gemacht, als einen (beliebigen) Zustand eines Photons, den wir „A“ nannten, als Superposition der Eigenzustände D1 und D2 auszudrücken – unter Berücksichtigung der Spiegelungen (und daher der Multiplikation mit i).

Rückwärts gelesen sehen wir also, dass jeder beliebige Zustand des Photons (A) vor dem Experiment (solange das Photon das Gerät betritt) und der Zustand des Photons nach dem Experiment (D1) äquivalent sind: Man kann also sagen, dass das Potential des Photons, im Detektor 1 zu landen, schon am Anfang (A) feststand. Tatsächlich ist das eine weitere Manifestation der Tatsache, dass ein Quantenzustand alles ist, was man über ein System (in diesem Fall das Photon) wissen muss, um es vollständig zu beschreiben – und vollständig heißt hier: Sogar seine Vergangenheit und auch seine Zukunft! In diesem Fall war das sehr deterministisch, und Quantenphysik wäre nicht Quantenphysik, wenn nicht auch irgendwo Wahrscheinlichkeiten vorkämen. Zu den Wahrscheinlichkeiten und auch zur wechselwirkungsfreien Messung führt uns folgende Frage:


Was passiert eigentlich, wenn wir die beiden Wege, die das Photon nehmen kann, voneinander durch Beobachtung unterscheiden wollen? Also wenn wir sehen, welchen Weg genau jedes einzelne Photon nimmt? Können wir das nachrechnen?

Klar! Wir stellen dem Photon einfach einen Detektor in den oberen oder unteren Weg, und rechnen nach, was dann passiert! Als Detektor verwenden wir einfach unseren Blick, als Diagramm:

Mach-Zehnder-Interferometer006

In diesem Zustand waren wir vorher schonmal – er lautet:

i|U\rangle - |O\rangle

Wir schauen auf den oberen Weg, und falls wir das Photon dort vorbeiflitzen sehen, dann schreiben wir auf: Photon gesehen auf oberem Weg. Falls wir das Photon nicht sehen, aber es stattdessen in einem der Detektoren gelandet ist, wissen wir: Das Photon hat wohl den unteren Weg genommen.

Wir haben das Experiment jetzt stark modifiziert: Am Ende haben wir nicht mehr nur zwei Eigenzustände unserer Beobachtung (D1 und D2), sondern vier:

  1. Wir haben das Photon gesehen, und es ist im ersten Detektor gelandet;
  2. Wir haben das Photon nicht gesehen, und es ist ersten Detektor gelandet;
  3. Wir haben das Photon gesehen, und es ist im zweiten Detektor gelandet;
  4. Wir haben das Photon nicht gesehen, und es ist im zweiten Detektor gelandet.

Diese vier – klar unterscheidbaren! – Ergebnisse schreiben wir auf als:

|\text{ges.}, D_1\rangle
|\text{n. ges}, D_1\rangle
|\text{ges.}, D_2\rangle
|\text{n.ges}, D_2\rangle

Dabei steht „ges.“ für „gesehen“ und „n. ges.“ für nicht gesehen – Ist ja nicht so schwer!

Wir nehmen also den Zustand, den das Photon vor der Beobachtung hatte:

i|U\rangle - |O\rangle

und entwickeln sowohl U als auch O weiter, unter Berücksichtigung, das wir diesmal auch beobachten, welchen Weg es genommen hat:

|U\rangle \longrightarrow i|\text{n. ges.}, D_1\rangle + |\text{n. ges.}, D_2\rangle

Natürlich mussten wir da wieder mit der imaginären Einheit multiplizieren, wenn das Photon vom unteren Weg kam und in den ersten Detektor reflektiert wurde. Analog entwickeln wir den Zustand O:

|O\rangle \longrightarrow |\text{ges.}, D_1\rangle + i|\text{ges.}, D_2\rangle

Und setzen unsere Weiterentwicklung von O und U wieder oben ein:

i|U\rangle - |O\rangle \longrightarrow i*\left(i|\text{n. ges.}, D_1\rangle + |\text{n. ges.}, D_2\rangle\right) - \left(|\text{ges.}, D_1\rangle + i|\text{ges.}, D_2\rangle\right)

Das lässt sich nur noch ein kleines bisschen vereinfachen, indem wir die Klammern und das i² auflösen zu:

i|U\rangle - |O\rangle \longrightarrow -|\text{n. ges.}, D_1\rangle + |\text{n. ges}, D_2\rangle - |\text{ges.}, D_1\rangle - i|\text{ges.}, D_2\rangle

Diese Superposition lässt sich aber nicht mehr weiter zusammenfassen, denn wir haben es ja jetzt schon mit der Kombination aus den vier, klar unterscheidbaren Eigenzuständen zu tun!

Die Geschichte mit der Beobachtung insgesamt sieht also so aus:

|A\rangle \longrightarrow i|O\rangle + |U\rangle \longrightarrow i|U\rangle - |O\rangle \longrightarrow -|\text{n. ges.}, D_1\rangle + |\text{n. ges}, D_2\rangle - |\text{ges.}, D_1\rangle - i|\text{ges.}, D_2\rangle

Und das ganze normiert, so dass wir die Wahrscheinlichkeiten für die vier Endzustände einfacher ablesen können:

|A\rangle \longrightarrow \frac{i}{\sqrt{2}}|O\rangle + \frac{1}{\sqrt{2}}|U\rangle \longrightarrow \frac{i}{\sqrt{2}}|U\rangle - \frac{1}{\sqrt{2}}|O\rangle \longrightarrow
\longrightarrow -\frac{1}{\sqrt{4}}|\text{n. ges}, D_1\rangle + \frac{1}{\sqrt{4}}|\text{n. ges}, D_2\rangle -\frac{1}{\sqrt{4}}|\text{ges.}, D_1\rangle -\frac{i}{\sqrt{4}}|\text{ges.}, D_2\rangle

Zur Erinnerung: Die Zahl vor dem jeweiligen Eigenzustand unserer Beobachtung ist, wenn man sie mit ihrem komplexen Konjugat (die Sache mit dem Stern) multipliziert, die Wahrscheinlichkeit, das jeweilige Ergebnis zu sehen. Zu wissen ist nur, dass

i^* = -i

Also ist:
i^* * i = -i * i = -(-1) = 1

Die Wahrscheinlichkeiten für jedes Ergebnis sind also jeweils: ein Viertel.

Wir sehen also nun plötzlich: Die Hälfte aller Photonen (1/4 + 1/4) wird im Detektor D2 ankommen – ohne Beobachtung waren es sage und schreibe Null!

Hier als Bild:

Mach-Zehnder-Interferometer009

Wo ist aber nun die wechselwirkungsfreie Messung? Naja, ein Teil unseres Quantenzustands ist:

\frac{1}{\sqrt{4}}|\text{n. ges.}, D_2\rangle

Wir haben also das Photon nicht gesehen und es kommt in Detektor D2 an. Wir können also sagen, dass sich jemand oder etwas im oberen Weg befinden muss, obwohl das Photon den oberen Weg definitiv nicht genommen hat – einfach, weil es im Detektor D2 ankommt. Das würde es nämlich nicht tun, wenn im oberen Weg kein Beobachter gewesen wäre! Wir haben also, dadurch dass plötzlich ein Photon im Detektor D2 ankommt, festgestellt, dass es beobachtet hätte werden können, wenn es den anderen Weg genommen hätte!

Man stelle sich jetzt noch vor, wie man denn ein solches Photon beobachten würde: Beispielsweise könnte man es aus dem Apparat herausleiten und in einem eigenen, dritten Detektor, detektieren können – man hätte ihm auch ein Hindernis in den Weg stellen können, ein Hindernis, das am Ende anzeigt, ob es getroffen wurde oder nicht. Und das ist dann besonders absurd:

Wenn man dem Photon ein Hindernis in den einen Weg legt, dann kann es aus dem Apparat dort herauskommen, wo es niemals herausgekommen wäre, wenn es das Hindernis nicht gäbe! Und voilà: Schon hat man etwas detektiert (das Hindernis), ohne dass das Photon jemals in dessen Nähe gekommen ist: wechselwirkungsfreie Messung. Der Grund? Das Hindernis ist selbst ein Messgerät und hätte messen können, dass es vom Photon getroffen worden wäre.

Seltsam, oder?

PS. Viel von den Ergebnissen lässt sich darauf zurückführen, dass man den Zustand des Photons mit der imaginären Einheit multiplizieren muss, wenn es von einem Spiegel reflektiert wird. Das nennt man „Multiplikation mit einer Phase“ und hat auch damit zu tun, was passiert, wenn man einfach etwas Zeit verstreichen lässt. Mehr dazu aber ein anderes Mal.

PPS. Interessant ist ja, dass dieses Gerät (das Mach-Zehnder-Interferometer) schon vor der Quantenmechanik entwickelt wurde. Damals hat man Licht nicht als Quantenteilchen verstanden, sondern als Wellen. Im Prinzip hatte man also noch kein einzelnes Lichtteilchen gesehen – und eine Welle kann sich problemlos in zwei Teilwellen aufspalten und am Ende wieder mit sich selbst interferieren. Dass dieser Effekt auftritt, ist also nichts rein Quantenmechanisches – allerdings tritt er nicht bei Dingen auf, von denen wir intuitiv denken, sie seien Teilchen, also so etwas wie kleine Kugeln. Und für kleine Kugeln wäre ein solches Verhalten ja auch wirklich seltsam. Quantenteilchen sind aber keine kleinen Kugeln – sondern eben: Quanten. Und die Verhalten sich so, wie es ihr Zustand ihnen diktiert. Wir können damit rechnen.

PPS. Das war auch gleich das erste Beispiel für eine Quantenverschränkung. Nicht bemerkt?

Ein Gedanke zu „Da war doch was: Sehen ohne hinzusehen

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